„Jeder Mensch, der einen Traum im Leben hat, kann ihn verwirklichen.“ – Ein Interview mit W.A.D


All diejenigen, die die softere Variante des Psytrance bevorzugen, sollten von „W.A.D“ unbedingt schon mal gehört haben. Der sympathische junge Mann heißt eigentlich Lee Roy und wohnt in der wunderschönen norddeutschen Hansestadt Hamburg.  
Mit 20 führte ihn das Schicksal an seine heutige Leidenschaft: das Produzieren von Progressive Trance. Warum sein Herz für dieses und kein anderes Genre schlägt, welche Künstler ihn persönlich am meisten inspirieren und wieso es egal ist, wie viele „Klicks“ oder „Follower“ man hat, erklärt der 25-Jährige im persönlichen Gespräch.


Hallo Lee Roy. Anscheinend haben sich unsere Wege aufgrund unserer gemeinsamen Liebe für „Proggy“ gekreuzt. Das Produzieren wurde für dich von einer Liebe zur Leidenschaft. Wolltest du schon immer Musik machen?

Ich wollte schon immer kreativ arbeiten. Früher habe ich mich im Breakdance, Basketball spielen, Rappen und mit Graffitis ausprobiert. Mit 16 oder 17 Jahren haben mir meine Eltern einen MPC geschenkt und damit konnte ich meine ersten Beats basteln. Für das Alter war das Produzieren allerdings ein bisschen zu kompliziert. Kurz darauf habe ich damit recht schnell wieder aufgehört und mit dem Zeichnen weitergemacht. Mit 20 rutschte ich irgendwie in die „Goa-Szene“ und mir wurde sehr schnell bewusst, dass der Sound neben Hip Hop zu mir passt. Dadurch stand für mich fest, dass ich selber auflegen möchte. Drei Monate lang habe ich aufgelegt, bis ich gemerkt habe, dass mir das nicht reicht. Somit fing ich an, selbst Musik zu produzieren.

Reines Auflegen wurde dir also schnell langweilig?

Ja, damals gab es ja noch nicht so viel Musik wie heute. Die Musik von damals hat man sehr schnell durchgehört, deswegen habe ich mir gedacht, dass ich lieber meine eigene Musik machen möchte. Etwas Neues.

Wie hast du deinen Weg in die Psytrance-Szene gefunden?

Die Beyond Reality in der Schweiz war eine meiner ersten Partys mit Fabio & Moon und Symphonix. So bin ich da irgendwie recht schnell reingerutscht. (lacht)

Welcher Künstler hat dich von Beginn an begeistert und inspiriert dich heute noch?

Das könnte eine lange Liste werden: Neelix, Day Din, Fabio und Moon, Ranji und Audiomatic haben mich am meisten geprägt in der Anfangszeit. Mittlerweile zählen auch Mystical Complex, Morten Granau, Durs und Jacob dazu.

Siehst du eine Entwicklung bei den Künstlern selbst?

Die Qualität der Tracks ist besser geworden und der Sound hat sich verändert. Er ist nicht mehr derselbe wie vor fünf Jahren aber man hört meiner Meinung nach immer noch die Künstler heraus.

Was hat sich deiner Meinung nach verändert?

Der Sound ist auf jeden Fall dancefloorlastiger geworden. Vergleicht man beispielsweise „Tripical Moon“ von Phaxe und Querox mit Tracks wie „Mosquito“ von Neelix, merkt man, wie viel energiegeladener die Tracks sind. Auf eine andere Art und Weise. Man hört, dass manche Tracks nicht bloß fürs Chillen produziert werden. Die Leute sollen zum Tanzen gebracht werden und man hört meiner Meinung nach auch, dass der Sound dafür gemacht ist auf dem Dancefloor zu funktionieren.
Wenn man sich heute mal ein Set von Neelix anhört, kann man nichts anderes tun als anzufangen sich zu bewegen.

Deine Tracks sind selbst sehr energiegeladen. Hörst du sie morgens selbst unter der Dusche?

Nein. (lacht) Ich höre meine Tracks eher selten. Nur die ersten Tage nachdem ich sie produziert habe, um zu schauen, wie sie auf mich wirken. Man verliert den Bezug dazu, wenn man einen Track selber produziert und ihn auf Dauerschleife hört. Ich feier die Tracks eigentlich nur die ersten Tage nachdem ich sie produziert habe.

Auf Soundcloud findet man Sets von dir, die eher in die Richtung Minimal Techno gehen. Heute machst du größtenteils nur noch Progressive Trance. Wofür schlägt dein Herz?

Definitiv für Progressive Trance. Allerdings höre ich in meiner Freizeit lieber Hip Hop und ruhigere Sachen zum Ausgleich. „Mr. Schwarzer“ ist ein Minimal Techno und Techhouse Projekt von mir. Ein weiteres Projekt heißt „Rebugs“, das ich mit einem Freund aus der Schweiz zusammen betreibe. „Twodelic“ mache ich mit Benzoo zusammen.

Was macht Musik für dich besonders?

Es hängen viele Emotionen an Musik, vor allem wenn man sie selbst produziert. Meistens verarbeite ich irgendetwas in einem Track. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man sich selbst in der Musik finden und wie sehr sie einen „runterholen“ kann. Man kann einfach mal die Augen schließen und die Seele baumeln lassen neben all dem Stress, mit dem man täglich zu kämpfen hat. Für mich geht’s nicht mehr ohne Musik. Das war im Endeffekt auch der Grund, warum ich eines Tages gesagt habe, dass ich selbst meine kleinen Meisterwerke erschaffen möchte. Beim Zeichnen und Sprayen hat mir irgendwann einfach etwas gefehlt. Ich glaube in der Musik habe ich letztendlich alles gefunden, was mich tagtäglich erfüllt und mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubert.

Wie lange machst du schon Musik?

Ich produziere mittlerweile fast fünfeinhalb Jahre.

Was glaubst du macht dich einzigartig als Künstler?

Mein Sound ist auf jeden Fall funky und zum Teil sehr verspielt, weil ich nicht immer einen roten Faden habe, der sich durch den ganzen Track zieht. Viele Künstler haben mich sehr inspiriert und ich selbst würde mich vielleicht etwas mit Audiomatic oder Fabio & Moon vergleichen, weil ich von ihnen einige Sounds aufschnappe und versuche, sie in meiner Art wiederzugeben. Aber ich denke, dass man bei jedem Künstler seine eigene Handschrift heraushört. Das macht einen schlussendlich auch erst einzigartig als Artist. Wenn man wirklich hinhört, fällt einem auf, dass man Künstler eigentlich nicht miteinander vergleichen kann, da jeder auf seine Art und Weise besonders ist.

Auf Instagram hast du fast 1.800  Follower, auf Facebook rund 4.000  Gefällt-Mir-Angaben und auf Soundcloud feiern sogar schon bald 10.000  Leute deinen Sound. Wirst du auf den Hamburger Straßen schon erkannt?

Wenn ich einfach so unterwegs bin, dann nicht. (lacht) Wenn ich auf einer Party bin, dann schon ab und zu, weil die Leute die Künstler kennen. Aber auch das ist nicht oft der Fall.

Künstler, die auch Progressive Trance produzieren wie beispielsweise Neelix erreichen auf Facebook mittlerweile schon über eine Millionen Menschen und sogar auf Instagram 118k. Ist es dein Ziel irgendwann auch so bekannt zu werden?

Erkannt zu werden wäre schon eine coole Sache. Dass ich nicht so eine große Reichweite besitze stört mich aber eigentlich nicht so sehr, weil ich ja aus einem simplen Grund Musik mache: und zwar dass ich Spaß daran habe.
Ich hatte die fünf Jahre über auch meinen Spaß und da kannten mich noch weniger Menschen als jetzt.
Spaß an dem zu haben, was man macht, ist das einzige, was zählt.
Wenn die Reichweite eines Tages kommen soll, dann wird sie von alleine kommen. Natürlich würde ich mich dann auch freuen, wenn mir an der Alster einfach irgendjemand sagen würde, wie sehr er meine Musik doch feiert. (lacht)

Seit kurzem bist du bei Blue Tunes Records unter Vertrag. Das ist eine enorme Chance für dich. Wie kam es zu der Ehre?

Ich denke ich war den Leuten von Blue Tunes nicht ganz unbekannt. Nok kenne ich schon etwas länger. Vor kurzem erhielt ich dann einen Anruf von ihm und wir haben darüber gesprochen, dass sie mich gerne aufnehmen möchten. So kam das. Ich bin gespannt was jetzt so kommen wird und freue mich drauf!

Mit welchen Künstlern hast du schon zusammengearbeitet und welche Kooperation hat dir am meisten Spaß gemacht?

Ich habe schon mit Quantum Zero, Authentic, Benzoo, Naturalize, Jilax und Djapatox zusammengearbeitet.
Ich hatte mit allen viel Spaß, deswegen würde ich keinen besonders hervorheben. Jeder von ihnen hat auf seine Art ein besonderes Talent. Ich finde es immer wieder faszinierend mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten, weil man so einen neuen Einblick in die Produktion anderer bekommt, da jeder seinen eigenen Stil hat und auch mit komplett unterschiedlichem Equipment arbeitet. Es ist auch gut für einen Künstler, wenn man das Ganze mal aus einer anderen Perspektive betrachten kann.

Welches Equipment nutzt du in deinem Home-Studio?

Als Hardware verfüge ich über das Keyboard Komplete Control S25 von Native Instruments sowie den APC40 Mk2 Performance Controller von Akai, den X1 Midi Controller von Xone sowie den Push 2 für Ableton. Die Headphones meines Vertrauens sind die AKG K-712. Live nutze ich meinen APC 40 oder den X1 Controller, je nachdem wie groß der Tisch ist. Als Software benutze ich Ableton.

Produzierst du lieber alleine oder mit jemandem zusammen?

Ich mache beides gerne, allerdings produziere ich am meisten und auch am schnellsten alleine, weil ich so am effektivsten meine Ideen umsetzen kann.
In der Regel brauche ich für meine Tracks ein bis zwei Wochen. Je nachdem wie ich gerade im Flow bin, kann sich der Prozess auch bis zu einem ganzen Monat ziehen. Wenn ich versuche etwas zu erzwingen, klappt es meist nicht. Dann sammle ich lieber erstmal wieder ein paar Inspirationen, die ich dann wieder in den Track einfließen lassen kann.

Mit wem würdest du am liebsten mal zusammenarbeiten?

Die Liste könnte auch ziemlich lang werden. Ich beschränke mich mal auf meine meine Top 3: Day Din, Durs und Morten Granau.

Der Festivalsommer 2018 ist gerade im vollen Gange. Wo trifft man dich in diesem Jahr noch an?

Im Juli bin ich an einem Wochenende in Köln zu Gast. Im August spiele ich in meiner Herzens- und Heimatstadt Hamburg. Am meisten freue ich mich allerdings auf die Brasilien Tour im August, die sich über mehrere Wochen ziehen wird. Das Booking für Brasilien lief mehr oder weniger über Jilax, den ich schon etwas länger kenne, da ich für eine Weile in der Schweiz gelebt habe. Über die „Gateway Agency“ wurde ich dann für einige Gigs in Brasilien gebucht.

Wie fühlst du dich, wenn du vor so vielen Menschen auflegst und all die glücklichen Gesichter siehst?

Unbeschreiblich. Bei meinem ersten Auftritt im Tunnel Club in Luzern in der Schweiz war ich sehr nervös, weil ich nicht wusste wie die Leute auf meine eigene Musik reagieren werden. Ich war mir sehr unsicher wegen der Qualität meiner Songs, aber es war ein unglaubliches Gefühl vor so einer Menschenmenge zu stehen und seine eigenen Tracks spielen zu dürfen.

Legst du lieber in Clubs oder unter freiem Himmel auf?

Auf jeden Fall unter freiem Himmel. Es gibt nichts Schöneres als mit einem kühlen Drink bei 25 Grad aufzulegen oder selber vor den Boxen zu stehen. Ein gutes Clubfeeling ist manchmal auch nicht zu toppen. Das Wichtigste ist eigentlich nur eine gute Anlage und eine energiegeladene Crowd, dann macht es in jeder Location Spaß.

Was wünschst du dir beruflich und privat für deine Zukunft?

Gesundheit, Freude am Leben und Spaß am Produzieren.

Wie wird sich die Szene deiner Meinung nach in den nächsten Jahren noch verändern und wie siehst du deine persönlichen Chancen?

Ich denke, dass der Sound noch viel mehr Leute erreichen und sich die Szene mehr und mehr ins Kommerzielle entwickeln wird. Wohin mich mein Weg noch führen wird… wir werden sehen. Vielleicht sprechen wir in 2 Jahren nochmal und die Welt sieht schon wieder ganz anders aus. (lacht)

Was war dein erster Track, welcher war dein letzter und wie siehst du deine persönliche Entwicklung innerhalb der letzten fünf Jahre?

Meinen ersten Track habe ich im April 2013 produziert. Er hieß „Progressive“ und war ziemlich scheiße. (lacht)
Mein letzter war der Audiomatic Remix „Flipping Switches“ mit Twodelic zusammen.
Die Qualität meiner Songs ist auf jeden Fall besser geworden und ich konnte mir die letzten Jahre einige Kenntnisse über Noten aneignen. Ich habe trotzdem noch das Gefühl, dass ich auf die gleiche Art und Weise Musik mache wie vor 2 Jahren. Die eigene Veränderung sieht man leider immer sehr schlecht selbst. Wenn man jemanden jahrelang nicht gesehen hat, dann sieht man viel deutlicher, wie sehr er sich verändert hat als wenn man diesen Menschen jeden Tag sieht. Genauso ist es auch mit dem Produzieren. Dadurch, dass ich meine Musik jeden Tag höre, fällt mir da auch keine prägnante Veränderung auf.
Heute benutze ich einen analogen Synthesizer und nehme auch gerne Vocals selber auf. Das habe ich damals noch nicht gemacht. Der Track „Never Be Alone“ von Twodelic besteht zum Beispiel aus einem selbst aufgenommenen Zitat. „Prog Frog“ beinhaltet ebenfalls eigene Vocal Elemente und Beatbox Geräusche, die ich aufgenommen und bearbeitet habe.

Steckt eine versteckte Nachricht hinter deinen Tracks?

Meistens verarbeite ich etwas aus der Vergangenheit oder der Gegenwart in meinen Tracks. „Soulmate“ handelt davon, dass wir alle einen Seelenverwandten dort draußen haben. „Everybody Is Looking For True Love“ geht darum, dass eigentlich jeder nach der großen Liebe sucht. Manche Tracks verbinde ich selbst mit Menschen aus meinem Umfeld. „Van Neza“ ist an eine Frau aus der Schweiz gerichtet. (lacht)

Welcher von deinen eigenen Tracks ist dein persönlicher Favorit?

„Party Mom“ ist mein Favorit, weil ich hier besonders viele Emotionen mit verbinde.

Wie hat sich dein Leben verändert, seitdem du angefangen hast Musik zu machen?

Als ich begann Musik zu produzieren, hatte ich das erste Mal im Leben wirklich Spaß daran, mich „für etwas aufzuopfern“. Ich dachte mir: das ist dein Ding. Nichts hat mir jemals im Leben so viel Freude bereitet.
Ich habe auf jeden Fall das gefunden, was ich mein Leben lang machen möchte und ich denke, dass das eines der wichtigsten Dinge im Leben ist.

Was möchtest du den Menschen da draußen als letzte Message mit auf ihren Weg geben?

Jeder Mensch, der einen Traum im Leben hat, kann ihn verwirklichen. Auch du. Man muss nur bereit sein alles dafür zu geben. Wenn du etwas liebst, dann gib niemals auf und kämpfe für das, was du unbedingt erreichen möchtest. Eines Tages wird sich dein Ehrgeiz auszahlen.


Beitragsbild: Kevin Juarez

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