Die einzige Konstante ist die Liebe zur Musik – Ein Interview mit Novotix


Es war einmal ein passionierter junger Mann aus Augsburg namens Erick, der an das Mysterium „Schicksal“ glaubte. Im Alter von 15 Jahren öffnete ihm sein Schicksal die Tür zu einem Weg, der ihn zu seiner heutigen Leidenschaft führen sollte. Diesen Weg bestreitet er bis heute durch eine musikalische Trance, die er auf die Menschen, die zu seinen Sets tanzen, überträgt. Die folgende Geschichte handelt von einer Reise durch die Welt des Progressive Trance bis hin zu der des Hitechs, bei der die einzige Konstante die Liebe zur Musik ist.


Hey Erick. Erzähl doch mal ein bisschen von dir. Was war der Auslöser, der dich dazu bewegt hat, mit dem DJing anzufangen?

Hey Denise. Erstmal tausend Dank für das Interview. Mir lag schon lange so viel auf dem Herzen, worüber ich sprechen wollte. Jetzt habe ich die Möglichkeit dazu. Danke dafür. Also: Mein Name ist Erick aka „Novotix“ und ich bin 20 Jahre alt. Bis ich nach Augsburg gezogen bin, habe ich an der Schweizer Grenze gewohnt, ungefähr 50 Kilometer von Zürich. Durch einen sehr guten Freund bin ich damals auf meine erste Goa-Party gekommen. Das war eine illegale Veranstaltung im Wald mit ungefähr 400 Leuten. Da war ich tatsächlich sogar erst 15. (lacht) Mit 16 Jahren konnte ich dann das erste Mal in einen Club gehen. Das war eine Minimal Techno Veranstaltung. Die Veranstaltungen in dem Laden waren eigentlich ab 18 Jahren, aber mein Freund hat mich da mit reingeschmuggelt. Ich saß dann dort im VIP-Bereich und habe viele Leute kennengelernt – unter anderem den Clubbesitzer. Daraufhin habe ich den Veranstalter gefragt, ob ich für ihn die Promotion machen kann. Das UG Bülach war das, das mittlerweile leider geschlossen ist. Die Partys waren, wie es der Name schon sagt, im Keller und dort waren jedes Wochenende immer 300 bis 400 Leute. Der Club war für mich etwas ganz besonderes. Das Wort „Gemeinschaft“ wurde dort groß geschrieben. Eines Tages habe ich den Veranstalter gefragt, ob ich selbst auflegen darf und er meinte: „Klar, warum nicht?“ Dort hatte ich dann meinen ersten Gig. Von da an durfte ich öfter dort auflegen.

Du hast dann auch zeitig angefangen deine eigenen Veranstaltungen zu organisieren, richtig?

Genau. Irgendwann habe ich den David kennengelernt – ein zwei Meter großer Russe, der sein Label „Konzeptfabrik“ gegründet hat. Er hat angefangen Partys zu organisieren und da bin ich dann mit eingestiegen. Ich war seine rechte Hand quasi, zusammen mit zwei weiteren Kollegen. Ich habe die Promotion übernommen und mich um die Acts gekümmert. Ab da gehörte der Freitag uns. Unser Event hieß „Friday is Psyday“ – meine eigene Kreation. (lacht) Wir hatten keinen festen Eintritt, sondern jeder konnte sich seinen Eintritt würfeln. Hauptsächlich haben unsere Label-Acts dort aufgelegt.

Du bist nicht mehr für die Konzeptfabrik tätig aufgrund deines Umzugs. Wie kam es dazu, dass du nach Augsburg gezogen bist?

Mit 18 Jahren bin ich ausgezogen und bin nach Deutschland zurückgekehrt. In Augsburg wohnt meine Familie, das war der Grund für meinen Umzug. Hier habe ich zuvor schon gelebt, bis ich sechs Jahre alt war. Mein Onkel ist aus seiner WG in Jakobervorstadt ausgezogen und da wurde dann ein Zimmer frei. Das habe ich übernommen und bin von der Schweiz aus wieder nach Augsburg gekommen.

Und wie kamst du an deinen ersten „richtigen“ Auftritt, an dem du gebucht wurdest?

Auf der „Mystica“ hatte ich quasi meinen ersten richtigen Debüt-Auftritt in der Schweiz. Ich war super aufgeregt, aber ich werde diesen Moment auch niemals vergessen. Daraufhin folgte die „Dirty Dancing“ in Bern, das ist eine recht bekannte Veranstaltungsreihe in der Schweiz. In München wurde ich dann gebucht, weil ein Veranstalter durch die „Dirty Dancing“ auf mich aufmerksam geworden ist. So ging das irgendwie immer weiter. Irgendwann habe ich den Veranstalter von „Trippin Out“ kennengelernt und ein Voting gewonnen, durch das ich das Opening für Neelix spielen durfte.

Wie hast du deinen Weg zu Upward Records gefunden?

Das ist eigentlich eine sehr lustige Story. Ich habe Benni von Upward Records zwei Mal angefragt, ob sie mich im Label haben wollen. Zwei Mal hat er mir einen Korb gegeben. (lacht) Als ich in München meinen Gig hatte, kam ich erstmal eine Stunde zu spät zu meinem Auftritt. Ein DJ, der eigentlich auflegen sollte, konnte nicht spielen und für ihn bin ich dann nochmal eingesprungen. Direkt nach dem Set kam der Benni zu mir und wollte meinen DJ-Namen wissen. Ich habe gesagt: „Novotix. Ich habe dir mal geschrieben, erinnerst du dich?“ Daraufhin meinte er: „Ohja, stimmt! Hey, ich hätte dich gerne bei Upward…“ Er hat mir eigentlich keine Chance zum Überlegen gegeben – an dem Tag war ich schon dabei. (lacht)

Und aktuell bist du immer noch dort?

Teils, teils. Ich habe keinen Vertrag unterschrieben, aber bin immer noch in der Gruppe und stehe in gutem Kontakt mit den Jungs. Außerdem spiele ich oft ihre Tracks.

Eigentlich kommst du aus der Kunststoff-Branche und hast eine Ausbildung zum Kunststoffverarbeiter gemacht…

Genau, daher kommt auch mein DJ-Name. „Novoplast“ hieß die Firma, für die ich gearbeitet habe. Eines Tages saß ich in meiner Mittagspause und habe über einen DJ-Namen philosophiert. Ich saß in diesem Raum, habe durch die Gegend geschaut, mein Brötchen gegessen und mich gefragt, wie ich mich nennen soll. Durch „Novoplast“ bin ich dann auf „Novotix“ gekommen. (lacht) Damit habe ich unbewusst etwas Einzigartiges erschaffen, denn wenn man meinen Namen googelt, findet man mich direkt. Nach meiner Ausbildung habe ich ein Jahr lang veranstaltet. Regelmäßig alle zwei Monate in der Rockfabrik. Das war cool, aber leider war der Verdienst nicht der Beste. Zur Überbrückung bin ich dann wieder ins Callcenter gegangen und nebenbei habe ich als DJ aufgelegt.

Zu deiner Callcenter-Zeit gibt es eine weitere, sehr witzige Story… Erzähl mal.

Manchmal denke ich, dass es wirklich vom Schicksal bestimmt wurde, dass ich zu meiner Liebe für die Musik gekommen bin. In diesem Callcenter habe ich nämlich den Booker für Parookaville kennengelernt. Glaubst du auch an Schicksal? Nach dieser Story auf jeden Fall. (lacht) Eines Tages habe ich telefoniert und den nächsten Kunden angenommen. Zwei vorherige Mitarbeiter haben es zuvor nicht hinbekommen, dem Herrn eine neue SIM-Karte zu schicken. Ich habe ihm seine Karte dann zu seinem Hotel geschickt, weil er sie dort brauchte. Wir haben uns gut unterhalten und daraufhin haben wir über Privates geredet. Er hat mich gefragt, was ich heute noch mache. Ich meinte: „Ich geh auflegen.“ Daraufhin hat er mich gefragt, ob ich das Parookaville kennen würde und meinte er schaut mal, ob er mir für das nächste Jahr einen Auftritt dort besorgen kann. Das Beratungsgespräch hat ihm so gefallen, dass er mir erlaubt hat, ihn zu adden. Irgendwann im Januar hat er mich angerufen und meinte: „Hey Erick. Du stehst auf dem Line-up für das kommende Parookaville Festival.“ Das war ein großartiger Moment.

In deinem Instagram Profil steht „Progressive Trance und Hitech“. Das ist eine sehr ungewöhnliche Kombination. Warum diese Art von Genres und kein Mittelding wie zum Beispiel Psytrance?

Ich habe Psytrance immer mehr mit Full-On verglichen und das war mir alles zu viel. Nichts für meinen Kopf irgendwie. Mit Proggy hat bei mir alles angefangen und ich fühle diese Musik einfach am meisten. Ich mag die tiefen Bass-Lines. Progressive Trance erzählt etwas – eine Geschichte. Auch guter Hitech tut das meiner Meinung nach. 180-200 BPM sind perfekt, alles darüber ist zu viel. Im Grunde genommen ist Progressive Trance „the little love“  und Hitech ist die wahre Liebe.

Du standest schon auf einigen bekannten Festivals auf dem Line-up, wie zum Beispiel das Open Beatz Festival, das Ikarus Festival oder auch Parookaville in diesem Jahr, auf denen auch einige bekannte DJs und Produzenten wie Neelix, Blastoys, Bliss, Bubble, Day Din, Liquid Soul, Ace Ventura oder Vini Vici standen. Wie ist das Gefühl mit solch bekannten Künstlern der Szene auf einem Line-up zu stehen?

Das Mystica Festival in der Schweiz ist ja auch ein sehr großes Indoor Festival mit vielen bekannten Gesichtern von Spin Twist Records. Ich bin damals in Zürich angekommen und wär fast ohnmächtig geworden. Ich habe dann meinen Backstage-Pass abgeholt, laufe da hoch und wer kommt mir entgegen? Interactive Noise. Mein Herz wär fast stehen geblieben. Dann machst du die Tür zum Backstage-Bereich auf und dort sitzen alle anderen. Das ist unglaublich. In der ganzen Nacht habe ich nur gelacht und kein Wort von mir gegeben im Backstage-Bereich. Neben mir saß einfach Blastoyz und gegenüber von mir Morten Granau. Mit der Zeit hat man natürlich öfter miteinander zu tun gehabt und dann legt sich diese Aufregung auch. Man darf nie vergessen, dass das zwar Größen sind, aber im Endeffekt sind es auch nur Menschen wie du und ich, mit denen man zusammen eine gute Zeit hat.

Bei welchen bekannten Acts ist dir besonders aufgefallen, dass diese Menschen ein gutes Herz haben?

Definitiv bei Phaxe und Hatikwa. Das sind einfache Leute, die eine besondere Beziehung zur Musik haben und das Ganze aus Leidenschaft machen. Fabio Fusco und Benni Moon auch. Eigentlich alle, wenn man sie mal kennenlernt. Natürlich ist es bei manchen nur Business, aber bei dem Großteil ist viel Herz dabei. Mit Kronfeld bin ich auf dem Ikarus Festival zum Beispiel drei oder vier Stunden lang über die Dancefloors gehuscht. Wir haben getanzt und dabei ein bisschen getrunken. Er ist ein sehr cooler Typ.

Kronfeld war für mich auf Hai in den Mai 2018 der beste Act von allen. Als der da am Sonntag sein Set rausgehauen hat und wir in der ersten Reihe standen, hat man einfach gemerkt mit wie viel Liebe er seine Musik auflegt und diese auch selbst feiert. Viele DJs spielen einfach ihr Set und gehen wieder. Wie viel Liebe sie selbst dafür empfinden, finde ich, merkt man nur bei Fabio Fusco, W.A.D oder eben bei Kronfeld an diesem sonnigen Sonntag im Mai. Wenn man ihnen beim Auflegen zuschaut, übertragt sich deren Energie und Freude einfach auf einen. 

Richtig. Wenn du solchen DJs über den Weg läufst, sei nicht scheu und quatsch sie einfach an. Sie sind wie gesagt auch nur Menschen und unterhalten sich mit dir. Und du wirst merken, dass das super gute und nette Leute sind.

Mitte Oktober kam deine erste eigene Produktion raus. „Sunshine“ heißt dein erster eigener Track. Wie lange hast du daran gearbeitet und wie kam es zu dem Namen?

Ich habe an dem Track sicherlich anderthalb oder zwei Jahre lang gearbeitet. Zwischenzeitlich hatte ich immer mal wieder eine Produktionspause. Jilax hat mir sehr viele Tipps gegeben und mir geholfen, Lee Roy alias W.A.D und generell die ganzen Jungs von Upward Records auch. „Sunshine“ heißt der Track, weil er einem verstorbenen Familienmitglied gewidmet ist. Der Bruder meines Onkels war ein guter Mensch, der immer ein Lächeln auf den Lippen trug. Er war der Kleber der Familie und wenn er da war ging einfach die Sonne auf. Dieser Mann hat mir beigebracht, wie ich meinen Bart zu rasieren habe. (lacht) Ich verbinde sehr viel Gutes mit ihm und er war wie ein Vater für mich. Deswegen „Sunshine“. Der Track ist etwas ruhiger – schöner Off-Beat. Ich bin sehr zufrieden mit meinem ersten Track. Bald knacken wir hoffentlich die 10 000 Klicks und es freut mich enorm, dass der Track so gut ankommt.

Werden wir demnächst öfter etwas von dir zu hören bekommen hinsichtlich eigener Produktionen oder hast du gemerkt, dass dir das reine Auflegen mehr Spaß macht?

Ich denke man wird von mir niemals ein komplettes Live-Set hören. Ich werde immer Tracks mixen. DJing ist einfach pure Liebe, ich mache es ja nicht ohne Grund. Eigene Produktionen sind wichtig, wenn man das nächste Level erreichen und weiterkommen will. Von mir wird es aber dennoch immer DJ-Sets geben.

Willst du mit der Musik eines Tages deinen Lebensunterhalt finanzieren?

Ich denke das wünscht sich jeder Musiker. Es wäre schön, aber ich lege mich darauf nicht fest. Deswegen arbeite ich ja auch noch nebenbei. Ich meine das Ganze kann zwei oder drei Jahre lang gut gehen und danach kann es vorbei sein, weil der Hype aufhört. Deswegen genieße ich auch jeden Tag, an dem ich Auflegen darf.

Glaubst du, dass du eines Tages schaffen kannst um den Globus zu reisen, um weltweit auf Festivals zu spielen? Ist das dein Ziel?

Mein Ziel ist es auf jeden Fall rumzukommen durch das Auflegen. Das schaffe ich allerdings nicht alleine. Wenn das Schicksal es so will und ich die richtigen Menschen kennenlerne, sodass mir diese Chance ermöglicht wird, werde ich sie dankend annehmen. Alleine schafft man das meiner Meinung nicht – dafür fehlen einfach die finanziellen Mittel. Ich warte nur auf die richtige Person, die in mein Leben tritt und sagt: „Dich supporte ich!“ Wenn du bekannte Künstler fragst, wie sie berühmt geworden sind, dann werden sie dir bestätigen, dass es immer eine Schlüsselperson gab, die ihnen geholfen hat.

Genau deswegen ist es so enorm wichtig, dass man eigene Produktionen vorweisen kann. Nur so wird dich eines Tages jemand kontaktieren und vielleicht sagen „Deine neue EP ist der Hammer, wir wollen dich unter Vertrag nehmen in unserem Label.“

Absolut richtig. Das kann man mit dem Angeln vergleichen. Deine Produktionen sind deine Köder, ohne die der Fisch – also ein Label o.ä. – niemals anbeißen wird.

Wann können wir mit einer neuen Produktion von dir rechnen?

Ich habe auf jeden Fall schon etwas geplant. Ich kann allerdings noch nicht sagen, wann man damit rechnen kann. Wenn alles gut läuft eventuell schon im April oder Mai 2019.

Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Coole Partypeople, eine gute Stimmung auf den Partys und geile Soundanlagen. Nice Veranstaltungen und viele gute Menschen. Einfach einen guten Vibe und auf jeden Fall, dass ich gesund bleibe! Und ganz wichtig natürlich: Erfolg! Eigentlich brauche ich nicht viel, um glücklich zu sein. Musik reicht schon aus.

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